Maurer-Lehrlinge im 400 Jahre alten Kloster

von Clemens Fässler

Die Sanierung des Klosters Maria der Engel Appenzell steht auch im Zeichen des traditionellen Handwerks

Als der Baumeisterverband beider Appenzell von der bevorstehenden Sanierung des Klosters Maria der Engel Appenzell hörte, kam schnell die Idee auf: Mit einem geeigneten Projekt könnten Lehrlinge in die alte Handwerkskunst eingeführt und gleichzeitig das gemeinnützige Projekt unterstützt werden. Nach weiteren Abklärungen konnten zwei Lehrlinge in den vergangenen Monaten während rund 180 Stunden im Kloster arbeiten und dabei einzigartige Erfahrungen sammeln.

Clemens Fässler

Bei der Sanierung eines 400 Jahre alten Gebäudes weiss man im Vornherein vor allem eines: es kommt anders als erwartet. Damit die gesetzten Zielen dennoch im geplanten Rahmen erreicht werden können, braucht es Flexibilität, Kreativität und viel handwerkliches Geschick. Dies durften auch zwei angehende Maurer erfahren, die in den letzten Monaten im Rahmen eines Lehrlingsprojekts des Appenzeller Baumeisterverbands auf der Baustelle des Klosters Maria der Engel im Einsatz standen.

Über 400jährige Grundmauern

Zunächst ging es darum, im neuen Liftschacht eine Bodenplatte zu betonieren. Die Platzverhältnisse waren äusserst beengt, schliesslich soll der neue Lift nicht als klobiger Fremdkörper wirken, sondern sich dezent in die bestehende Raumstruktur einfügen. Das alleine wäre aber noch im Bereich des Planbaren gewesen. Für zusätzliche Herausforderung sorgte ein Fundament, das plötzlich zum Vorschein kam. Offensichtlich wurde das Kloster im Jahr 1679 zumindest im nun sichtbaren Bereich auf den Grundmauern eines bereits bestehenden Gebäudes errichtet. Davon beziehungsweise vom Vorgängerbau wusste man bislang nichts. Die Verantwortlichen entschieden sich, dieses Mauerstück als Zeuge einer über 400jährigen Dorfgeschichte sichtbar zu lassen, was die Fundation des Lifts zusätzlich verkomplizierte.

Ein Beispiel für Kreislaufwirtschaft

Ein Gebäude zu sanieren ist grundsätzlich nachhaltig. Noch nachhaltiger ist es, wenn das Abbruchmaterial an Ort und Stelle wiederverwendet wird. Im Kloster Maria der Engel wurden Steine und Ziegel von Abbrucharbeiten beiseitegelegt, um später eine ehemalige Zwischenwand, bei der nur noch die Riegelkonstruktion vorhanden war, auszumauern. Für die jungen Berufsleute bedeutete das, alte Materialien kennenzulernen und den passenden Mörtel von Hand zu mischen.

Für das Handwerk und eine gute Sache

Das Lehrlingsprojekt war für alle Beteiligten ein grosser Gewinn. Auf der einen Seite finanzierte der Baumeisterverband beider Appenzell die Arbeitsstunden der Lehrlinge als Spende für das Sanierungsprojekt. Auf der anderen Seite lernten die angehenden Maurer mit alten Materialien zu arbeiten und entwickelten so ein Verständnis für vergangene Bauten und Handwerkskunst. Die Arbeit in einem Kulturobjekt erfordert auch ein überlegtes und rücksichtsvolles Handeln. Für den Baumeisterverband seinerseits steigern solche Projekte die Attraktivität ihrer Berufslehre. Es zeigt sich, dass mit der Sanierung des Klosters Maria der Engel nicht einfach nur ein Objekt erhalten wird, sondern auch Werte und Fähigkeiten des traditionellen Handwerks gepflegt werden.

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